Gefährliche Entscheidungen: Diskussion über Triage und Tod

Triage

Es diskutieren Jörg Arnold, Rosemarie Will und Florian Grams. (Foto: Laura Schiller)

„Endstation Triage“ war der Titel einer Veranstaltung am 17. September in Marburg. Die Humanistische Union (HU) hatte dazu eingeladen.
Dr. Florian Grams aus Hannover erklärte das Wort „Triage“. Das ist ein Begriff aus der Medizin. Helfer bestimmen im Krieg oder bei Katastrophen die Reihenfolge der Behandlung.
Manche kommen schnell an die Reihe. Andere kommen später dran. Für manche kommt dann jede Hilfe zu spät oder sie werden gar nicht behandelt.
Alte und behinderte Menschen machen sich Sorgen. Werden sie in Notfällen überhaupt noch behandelt? Darum haben Behinderte vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geklagt.
Diese Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Die Regierung hat deswegen ein neues Gesetz geschrieben. Darüber haben die Teilnehmenden bei der Tagung gesprochen.
„In Deutschland hat es keine Triage gegeben.“ Das behauptet die Bundesregierung. Der Arzt Dr. Kai Löwenbrück aus Dresden bezweifelt das.
Auch Gisela Lind aus dem Universitätsklinikum Marburg kennt Triage aus eigener Erfahrung. In Krankenhäusern finden jeden Tag solche Entscheidungen statt: Wer kommt auf die Intensivstation und wer nicht?
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hat viele Jahre als Notarzt gearbeitet. Da musste er sehr schnell solche Entscheidungen treffen. Darauf sollten die Ärztinnen und Ärzte vorbereitet sein, meinte er.
Das BVerfG hat die Benachteiligung von Behinderten bei einer Triage verboten. Die frühere Brandenburger Verfassungsrichterin Prof. Dr. Rosemarie Will hat diese Entscheidung kommentiert. Darin hat sie auch problematische Punkte gefunden.
Die Bundesregierung hat inzwischen einen Vorschlag zur Triage gemacht. Dieser Vorschlag macht aber noch mehr Probleme. Wie sollen Ärztinnen und Ärzte im Notfall entscheiden?
Einige finden eine Losentscheidung richtig. Andere wollen das Los nicht entscheiden lassen über Leben und Tod. Doch welche anderen Tatsachen können eine gerechte Entscheidung begründen?
Darüber haben die Teilnehmenden bei der Veranstaltung im Stadtverordnetensitzungssaal gestritten. Prof. Dr. Jörg Arnold aus Freiburg kann die Gründe für ein Losverfahren verstehen. Andere haben damit große Bauchschmerzen.
Thema bei der Debatte waren auch die sogenannte „Posttriage“ und die „präklinische Triage“. Bei beiden wird die Entscheidung über eine Triage auf andere Ebenen verlagert. Die „Posttriage“ verbietet die nachträgliche Änderung einer Entscheidung über medizinische Hilfe.
Eine „präklinische Triage“ hält Menschen aus Pflegeheimen von der Intensivstation fern. Das bringt besonders alte und behinderte Menschen in Gefahr. Angeblich soll es auch das in Deutschland nicht gegeben haben.
Eine wirklich gute Lösung haben die Diskussionen in Marburg nicht gebracht. Menschenwürde und Triage passen nicht zusammen. Gerechtigkeit kann es bei einer Triage kaum geben.
Trotzdem möchte die HU eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf schreiben. Darin möchte sie die Probleme aufzeigen und mögliche Lösungen anbieten. Zumindest die schlimmsten Ungerechtigkeiten will sie damit verhindern.
Am Ende bleibt Triage ein riesiges Problem. Viren und Kriege oder Fluten sowie Dürre und Hitze können sie auslösen. Alles Geld der Welt wird sie nie ganz verhindern können.
auf jeden Fall muss der Staat Krankenhäuser aber vor Geldmangel schützen. Das Personal muss gute Löhne und Arbeitsbedingungen bekommen. Gesundheit ist eine lebenswichtige Aufgabe und keine Quelle für private Gewinne.

* Franz-Josef Hanke
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